Gasthaus zum Goldenen Pelikan, vulgo Weinhaus Sittl 1905
Viele Wiener werden es schon von oben gesehen haben: Hält die U6 in der Station Josefstädter Straße, tut sich Ecke Lerchenfelder Gürtel/Neulerchenfelderstraße ein Blick in die Vergangenheit auf. Zwischen hohen Gebäuden steht dort ein niedriges altes Haus, aus dessen Innenhof ein riesiger Baum wächst: Das Gasthaus zum Goldenen Pelikan, vulgo Weinhaus Sittl.
Das denkmalgeschützte Haus wurde 1740 erstmals urkundlich erwähnt und ist somit das älteste von über hundert Wirtshäusern, die es Mitte des 19.Jahrhunderts in Neulerchenfeld gab. Der Ort lag damals direkt vor dem Linienwall und war ein beliebtes Ausflugsziel für die kleinen Leute. Und für diese spielten sonntags zahlreiche Musikanten und Volkssänger in den Wirtshäusern - in der viel besungenen "seligen Backhendlzeit".
Die Backhendln hat inzwischen der "Wienerwald" geschluckt und anstelle des Linienwalls stinkt sechsspurig die totale Automobilisierung zum Himmel. Dafür gibt's jetzt unter den Stadtbahnbögen ein stählern gestyltes Lokal mit gläsernen Wänden, da kann man sich zu elektronischen Mega-Sounds schreiend unterhalten oder auch eine Internet-Romanze reinziehen. Aber auf der anderen Straßenseite, im alten Weinhaus, ist die Zeit stehen geblieben.
Durch einen hölzernen Windfang betritt man den Schankraum, der glaubwürdigen Augenzeugenberichten zufolge seit den Fünfzigerjahren unverändert geblieben ist. Hinter der Theke steht im weißen Arbeitsmantel Herr Werner Kremser, der Wirt und gute Geist des Sittl. Seine Lippen umspielen ein mildes Lächeln und ein grauer Klobrillenbart, der gelegentlich braun nachgefärbt wird. 1914 haben seine Großeltern das Haus erworben, seine achtundachzigjährige Mutter hilft noch gelegentlich an der Schank aus.
(Quelle: richard.weihs/sittl)